Gibt es ihn, den perfekten Arbeitgeber? Vielleicht … dachte ich zumindest, als ich sehr jung war.
Heute denke ich mit sehr widersprüchlichen Gefühlen an meinen ersten Arbeitgeber. Festgefahren in seinen Gewohnheiten und Prinzipien hat er grundsätzlich jede neue Idee abgelehnt. Dazu hatte er einen cholerischen Charakter, so dass die einzige Taktik im Umgang mit ihm das Schweigen war. Wenn man es kann! Es gibt Leute – zu denen gehöre ich auch – die lieber sterben würden, statt sich von altmodischen Arbeitsprozessen ersticken zu lassen. Es war schwer damals bei meiner ersten Arbeitsstelle. Ein Jahr nach dem Start habe ich meinen Job gekündigt. Um fair zu sein muss ich zugeben, dass dieser Redaktionschef mir damals angeboten hatte, erst einmal unbezahlten Urlaub zu beantragen, damit ich auch zurückkommen könnte, falls ich keine neue Stelle finden würde. Ich aber lehnte das Angebot ab und ging: Arm aber stolz! Ich fing mein zweites Studium an und ging 500 km weit von Sofia weg, ins Gebirge, wo ich mich einer großen Herausforderung stellte. Ich übernahm eine Regionalzeitung und machte 2 Jahre lang Journalismus im bulgarischen Balkan Gebirge.
Mein neuer Beruf als Arbeitgeber
Als ich dann viel später in Deutschland selbst ein Arbeitgeber geworden war, wusste ich zumindest: Ich möchte nicht wie mein damaliger Chef in Bulgarien sein. Leicht gesagt, aber wie sollte ich denn dann sein? Herausforderungen, Stolpersteine und sogar Dornen lagen auf meinen Weg als Unternehmerin. Auch die Führung der Mitarbeiter war schwer! Einerseits wollte ich ihnen freie Räume schaffen, andererseits geriet dabei ständig etwas aus dem Ruder. Schließlich nahm ich mir einen Coach. Mit ihm zusammen erlernte ich meinen neuen Beruf als Arbeitgeber. Die Haupteigenschaft, die ein Arbeitgeber besitzen sollte, ist mir zum Glück angeboren: Ich liebe es, zusammen mit anderen etwas zu kreieren. Ich mag das Brainstorming und auch die Euphorie und die Begeisterung bei der Umsetzung unternehmerischer Entscheidungen. Mein Arbeitstag bestand aus der doppelten Menge Stunden, die meine Mitarbeiter leisteten, aber das machte mir nichts aus. Mir war bewusst, dass ich die Ideengeberin für das Ganze bin. Wer Ideen hat, muss auch starke Hände für die Umsetzung haben. Und Ausdauer natürlich!
Von Jahr zu Jahr erfüllte ich meinen Beruf als Arbeitgeber besser und besser. Trotzdem bleiben in meinen Erinnerungen auch schwierige Momente. Es wäre unnatürlich, wenn das nicht so wäre. Denn wir Menschen sind unterschiedlich. Zum Glück vertreten wir auch unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen. Genau das macht mein Unternehmen heute aus. Menschen mit unterschiedlichen Charakteren, Ausbildungen und Nationalitäten prägen das gemeinsame Werk. Und das wird immer besser.
Was für eine Überraschung
Zu meiner letzten Lesung – in einer wunderschönen Buchhandlung in Leverkusen – hatte ich auch eine meiner Führungskräfte eingeladen. Matthias Angermund stamm selbst aus Leverkusen und hatte mir versprochen, mit seinem Vater zu kommen. Sie kamen und brachten eine große Überraschung mit: Unsere Dolmetscher aus Albanien, Bulgarien, Russland, Polen, Tschechien, Brasilien, Marokko, Iran… ein Blumenstrauß von Menschen! Einige von diesen hatte ich schon bei der Gründung der Firma aufgenommen – vor 22 Jahren.
Die Frage zu dem perfekten Arbeitgeber stelle ich mir heute nicht mehr. Absolventen und Berufseinsteigern sage ich ehrlich: den gibt es nicht! Das sollte man wissen, wenn man eine Arbeitsstelle sucht. Es gibt aber Werte, die Menschen verbinden. Und aus unterschiedlichen Menschen, die diese Werte teilen, muss man das Team bilden. Respekt und Vertrauen halten dieses Team zusammen und geben jedem einzelnen Mitglied den notwendigen Rückenwind. Mich hat dieser Rückenwind zu meinen Zielen getragen und ich gebe ihn weiter. In mein Team.