Smalltalk-Seminare gibt es in der Tat einige, und ich bin auch dorthin gegangen, um zu lernen, wie ich das Netzwerken richtig nutzen kann. Mein Fazit: Es ist ein großer Quatsch zu denken, jemand kann dir beibringen, wie du aus den Teilnehmern verschiedener Events Kunden machen kannst. Vergiss es, Netzwerken ist kein Instrument zur Verbesserung deiner Auftragssituation.
Berühmt für seinen „Kölschen Klüngel“ ist der Kölner Karneval. Hier kannst du Menschen treffen, die mit dir auf einer Wellenlänge sind. Es kann sein, dass an der Theke auch die Frage kommt: „Was machst du?“ Dafür gehst du aber nicht in die Kneipe. Du gehst verkleidet aus, weil du Spaß haben möchtest. Anders herum kannst du auch schunkeln bis zum Umfallen und kein Wort mit jemanden wechseln. Singen, lachen – auch das ist eine tolle Kommunikation.
Netzwerken – steht auf vielen Programmheften
Als letzter Punkt, aber was heißt das genau? Ich saß am Tisch von Prinz Albert bei einer Veranstaltung der Business Women Association von Monaco, am Tisch von Cherie Blair in Zürich oder neben Regine Sixt in Berlin und habe wunderschöne Gespräche geführt. Wir sind trotzdem weder Freunde noch Geschäftspartner geworden. Und ja, im Programmheft stand auch hier Netzwerken. Aber dieses Netz hatte eine andere Bedeutung. Prinz Albert sprach Deutsch mit mir, und ich beantwortete seine Fragen über den deutschen Mittelstand. Mit Cherie Blair sprach ich über die Probleme der weiblichen Führungskräfte in Deutschland, und mit Regine Sixt plauderte ich einfach über ihre Veranstaltung während des Oktoberfests.
Was? Keine Aufträge? – fragten meine Mitarbeiter jedes Mal. Ich dachte nach und fragte mich, wieso sich diese pragmatische Sichtweise geradezu zwangsläufig einstellt. Warum denken Menschen im Business spontan an Profit, wenn sie andere Menschen treffen? Ich jedenfalls habe anderes von jedem Business Event mitgenommen. Ich fühlte mich verstanden, wenn ich über meine Probleme als Unternehmerin sprach! Ich nahm die Fragen und die Aussagen der anderen auf und spürte darin die Kraftquelle der Gemeinsamkeit. Ich tauchte mental in diese Gespräche und Themen ein, suchte Parallelen und lernte jedes Mal etwas Neues hinzu. Bereichert, begeistert und gut gelaunt verließ ich diese Events und sagte mir leise: was für tolle Menschen! Ich nahm viele neue Geschichten, Ideen und Kenntnisse mit… – das ist doch mehr als ein Auftrag, oder? Mir reicht es, wenn ich durch diesen Austausch eine tolle Konversation hatte. Die Tipps, die man sich gegenseitig gibt, führen die Menschen in ein angenehmes Geben-und-Nehmen-Verhältnis, das sich – trotz des Event Formats (Business) – auf einer Sympathieebene entwickelt und … wer weiß? Manchmal verwandelt sich dieser Austausch doch vom einfachen Gespräch in eine Geschäftsbeziehung. Doch Netzwerken, das weit entfernt von Texten einer erlernten Sales Pitch entsteht, funktioniert auf einer menschlichen Basis, was nicht nur angenehm, sondern nachhaltig ist.
Netzwerken ist Inspiration.
Netzwerken ist ein Gespräch auf Augenhöhe, bei dem sich niemand belästigt fühlt. Netzwerken resultiert aus dem tiefen Bedürfnis von Menschen, Gleichgesinnte zu treffen. Ich denke, wir sollten Smalltalks nicht künstlich üben, sondern uns einfach auf andere Menschen freuen und voller Neugier ein Gespräch beginnen, in dem wir ehrlich unser Interesse an unserem Gesprächspartner und unsere Wertschätzung zeigen. Ob das Business- oder soziale Community sind, spielt hierbei letztendlich keine Rolle. Wichtig ist, das Netzwerken als Auftragsquelle nicht über zu bewerten und darin hohe Erwartungen zu setzen. Aber jedes Gespräch ist ein neuer Input, jede neue Begegnung eine neue Chance. Selbst dann, wenn es auf den ersten Blick keine Perspektive verspricht. Menschen treffen Menschen. Ist das nicht genug?