Was hat mich zum Erfolg gebracht? – Teil 25: Das Phänomen Wachstum

Der Jungunternehmer hatte an seinem Businessplan gebastelt und ging zur Bank. Er brauchte Geld für den Bau einer neuen Produktionshalle und für die neuen Maschinen. Die Bank hatte sich seine Zahlen angeschaut und den Kredit bewilligt. Wir hatten uns bei einem Mittelstandsevent kennengelernt, und er erzählte strahlend von seinem Erfolg bei der Bank. „Ich werde wachsen“ – teilte er mit und beschrieb seine Expansionspläne.

Wachstum ist kein Experiment, sondern Verantwortung für alle

Wachstum ist eine Entscheidung. Man trifft sie mit Verstand und führt sie, im besten Falle begleitet von einer schönen Euphorie, zum Erfolg. Diese Entscheidung trifft man aus verschiedenen Gründen. Der wirtschaftliche Grund ist: Marktanteile erschließen und die Positionierung auf dem Markt stärken. Wachstum ist vieldimensional und erfordert Ausdauer. Wachstum kann man vergleichen mit einem Kind, das unserer ständigen Aufmerksamkeit bedarf. Das Kind braucht auch Pflege, genauso das wachsende Unternehmen. Das genau wusste der Unternehmer, den ich kennengelernt hatte, schon. Er verdoppelte seine Arbeitszeit und verteilte seine Arbeitskraft zwischen der neuen Halle und seinem laufenden Unternehmen. Bis zu dem Moment, in dem das Geld ausgegeben und die Halle noch nicht fertig war.

Das Projekt wurde gestoppt.

Das erträumte Wachstum brauchte mehr Zeit, mehr Geld, mehr Einsatz. Er ging erneut zur Bank, aber diesmal war die Bank nicht bereit ihn zu unterstützen. Er ging zurück zu seinem Unternehmen und traf auf dem Gelände den alten Meister Nico. Er grüßte ihn flüchtig, aber der Meister zeigte eindeutig, dass er ihm etwas zu sagen hatte. „Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden…“, hörte der Unternehmer und verlangsamte seinen Gang. Plötzlich registrierte er auch die anderen Mitarbeiter, die in der Mittagspause die frische Luft genossen. Zu Meister Nico sagte er: „Ich möchte Sie alle sprechen.“

Die Männer kamen, und binnen Minuten waren auch die Bürodamen draußen.

Allen berichtete er nun über das Wachstum, über das Geld und die Zeit und über die Bank. Sein letzter Satz kam aus seinem tiefen Innersten: „Ich kann alleine nicht weiter. Ich brauche Sie, alle!“ Meister Nico hob seine Hand: „Ich werde eine Stunde länger arbeiten!“ Die Kollegen folgten ihm: „Ich auch!“

Und mit der Zeit stiegen die Produktion und der Verkauf.

Das Wachstum begann.

Nach Schichtende schauten sich die Menschen die neue Halle an. Zum Schichtbeginn sprachen sie über die Neuigkeiten aus dem Bauobjekt. Ein Hauch von Stolz und Freude wehte  durch die Halle und steckte alle an.

Das Unternehmen ist gewachsen, wirtschaftlich. Vor allem aber sind die Mitarbeiter dieses Unternehmens gewachsen. Persönlich und fachlich. Heute ist Meister Nico Rentner, aber für die Weihnachtsfeier bekommt er immer eine Einladung, und die Feier mit den jungen Kollegen lässt er sich nicht entgehen.

Die Fortsetzung dieser Geschichte über das Wachstum des Unternehmens aus Kaarst hatte ich dann im Flugzeug nach Afrika erfahren. Der Unternehmer war dabei, in Nigeria zu expandieren und erzählte mir, wie er seine Wachstumsideen umgesetzt hatte.

„Ein Unternehmen wächst nicht, die Menschen wachsen und entwickeln das Unternehmen!“,

sagte er nachdenklich. Und dieser Satz hörte sich echt an.

Ich stimmte ihm zu.

Wachstum ist eine persönliche Eigenschaft, und wir wachsen nicht nur weil wir es wollen, sondern auch, weil unsere Umgebung uns das Wachstum ermöglicht. Was brauchen die Mitarbeiter unserer Firma, um zu wachsen? Motivation! Ja, sicher! Motivation braucht aber auch das passende Umfeld, nicht nur den Wunsch des Arbeitgebers. Solange der Unternehmer nicht verstanden hatte, dass diese Frauen und Männer, egal ob sie gerade die Ausbildung beendet hatten oder kurz vor der Rente standen, seine Verbündeten sind, verließ ihn langsam die Kraft, und das erstrebte Ergebnis kam nicht zu Stande. Die Menschen hatten ihre Arbeit sicherlich auch vorher schon ordentlich getan, aber Wachstum bedeutet mehr. Wachstum ist kein Experiment, sondern Verantwortung für alle: Führungskräfte und ihre Mitarbeiter. Die Synergie und die Mischung aus Erfahrungen, Visionen und Neugier verbinden, tragen Früchte und eröffnen neue Wege. Dafür brauchen die Führungskräfte die Kompetenz zu führen: Teams, einzelne Personen und vor allem sich selbst.